Sexuelle Appetenzstörung

Der Begriff sexuelle Appetenzstörung (Appetenz von lateinisch appetentia ‚Begehren‘), auch Lustlosigkeit, Unlust, Anaphrodisie, früher auch Alibidinie oder Alibido, lateinisch Impotentia concupiscentiae, bezeichnet im Allgemeinen den unwillentlichen Mangel (Libidomangel) oder die unwillentliche Abnahme (Libidoreduktion) an sexueller Phantasie und sexuellem Verlangen (siehe Sexuelle Appetenz).

Im Unterschied zur Asexualität identifizieren sich die betroffenen Personen nicht selbstbestimmt mit ihrer sexuellen Lustlosigkeit, sondern stehen unter Leidensdruck.

Sexuelle Appetenzstörungen gehören zu den sexuellen Funktionsstörungen. Der Zustand ist das Grundproblem und besteht nicht aufgrund (enger zeitlicher Zusammenhang) zugleich bestehender körperlicher Krankheiten (organische Störungen), psychischer Störungen oder der Wirksamkeit chemischer Stoffe. Bei der Entwicklung sexueller Funktionsstörungen tragen – wie bei den sexuellen Reaktionen selbst – sowohl psychische als auch somatische Prozesse bei.

Sexuelle Funktionsstörungen aufgrund von Erkrankungen (DSM-IV 607-25), die neben psychischen Ursachen für eine erektile Dysfunktion verantwortlich sein können, oder auch genitale Schmerzsyndrome wie Vaginismus oder Dyspareunie zählen nicht zu den sexuellen Appetenzstörungen.

Das Gegenteil wird unter Hypersexualität beschrieben.

Differenzierung

ICD-10 und DSM-IV unterscheiden die sexuelle Appetenzstörung nach sexuellem Appetenzmangel (allg. Inhibited Sexual Desire, ISD) und sexueller Aversion. Im DSM-V wurde die sexuelle Aversion als Diagnoseschlüssel gestrichen und im Hinblick auf die Appetenzstörung wird nun eine männliche und weibliche Form unterschieden.

Hyposexualität

Bei dem ungenauen Begriff der sexuellen Hypoaktivität (Hyposexualität) ist die sexuelle Appetenz in unterdurchschnittlichem Maße vorhanden, was nicht zwingend auch als nachteilig empfunden wird. Hyposexualität kann somit auch dann vorliegen, wenn die Kriterien einer sexuellen Appetenzstörung nicht (vollständig) erfüllt sind.

Die möglichen Gründe für Hyposexualität sind vielfältig. Teilweise beruht das fehlende Empfinden auf hormonellen Störungen, teilweise sind psychische Faktoren an der Entwicklung beteiligt.

Hormonell bedingte Hyposexualität

Bei der so genannten Impotentia satisfactionis des Mannes ist die Fähigkeit zur Erektion und zum Samenerguss zwar gegeben und die Zeugungsfähigkeit nicht eingeschränkt, aber der Beischlaf wird nicht als Befriedigung erlebt. Eine zusätzlich evtl. reduzierte Libido kann vorübergehend durch Stress verursacht sein oder langfristig durch einen Mangel an männlichem Geschlechtshormon Testosteron hervorgerufen werden. Ein Mangel der Libido bei der Frau beruht nicht, wie früher vermutet, auf einem Mangel an Testosteron, das auch bei Frauen vorhanden ist, vielmehr spielt bei ihr eine zu geringe Konzentration des in den Nebennieren produzierten Hormons DHEA (Dehydroepiandrosteron), einer Vorstufe des Testosterons und unter bestimmten Bedingungen auch des Östrogens, die entscheidende Rolle.

Sowohl bei Frauen als auch bei Männern kann ein erhöhter Spiegel des Hypophysenhormons Prolaktin (Hyperprolaktinämie) zu Libidoverlust führen.

Psychisch bedingte Hyposexualität

Auch psychische Ursachen können zu Hyposexualität führen. Hierzu zählen schwere Depressionen, Angststörungen oder Minderwertigkeitsgefühle. Manche Menschen haben aufgrund einer sexualfeindlichen Erziehung oder eines traumatischen Erlebnisses Angst vor Sexualität.

Siehe auch: Sexualangst und Love-shyness

Medikamentös bedingte Hyposexualität

Bestimmte Medikamente wie z. B. Neuroleptika und SSRI-Antidepressiva (SSRI-bedingte sexuelle Dysfunktion), die regelmäßig eingenommen werden müssen, können den Geschlechtstrieb einschränken.

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