Vaginismus

Unter Vaginismus (oder auch Scheidenkrampf) versteht man eine unwillkürliche Verkrampfung oder Verspannung des Beckenbodens und des äußeren Drittels der Vaginalmuskulatur, wodurch der Scheideneingang eng oder wie verschlossen erscheint. Vaginalverkehr, eine gynäkologische Untersuchung und das Einführen von Tampons oder anderen Objekten können dadurch sehr schmerzhaft oder – bei Vaginismus in seiner schwersten Ausprägung – unmöglich sein.

Eine neuere Definition von Basson et al. lässt den Aspekt der Verkrampfung beiseite, weil er niemals nachgewiesen wurde, und bezeichnet Vaginismus als „andauernde oder wiederkehrende Schwierigkeiten des Körpers, das Einführen eines Penis, Fingers oder eines anderen Objektes in die Vagina zuzulassen, trotz des eigenen, ausdrücklich geäußerten Wunsches, etwas einzuführen.“

Vaginismus gehört zu den sexuellen Funktionsstörungen, genauer zu Schmerzstörungen, und ist häufig zumindest organisch mitbedingt, kann aber auch rein psychisch bedingt sein.

Formen

Es werden üblicherweise zwei Arten von Vaginismus unterschieden:

Primärer Vaginismus besteht, wenn es niemals möglich war, etwas schmerzfrei in die Vagina einzuführen. Er wird meistens erst in der Pubertät oder Adoleszenz entdeckt, weil vorher kein diesbezüglicher Versuch unternommen wurde.

Unter sekundärem Vaginismus wird die Form des Vaginismus verstanden, die durch ein bestimmtes Ereignis ausgelöst wurde. Auslöser können schwere traumatische Erlebnisse wie eine Vergewaltigung oder ein Geburtstrauma sein, aber auch vergleichsweise harmlose Erlebnisse wie eine unsanfte gynäkologische Untersuchung oder wiederholte Schmerzerlebnisse beim Geschlechtsverkehr.

Crowley et al. unterscheiden neben primärem und sekundärem Vaginismus noch weitere Formen:

  • „Konsistenter Vaginismus“ tritt jedes Mal auf, wenn versucht wird, etwas in die Vagina einzuführen.
  • „Globaler Vaginismus“ ist unabhängig von Umständen oder Partnern.
  • „Situationsbedingter Vaginismus“ tritt nur unter bestimmten Umständen auf oder mit bestimmten Partnern, beispielsweise nur bei gynäkologischen Untersuchungen, während vaginaler Geschlechtsverkehr ohne Probleme möglich ist, oder andersherum.

Behandlung

Mögliche Therapien sind das Training mit Vaginaldilatatoren, Biofeedback und Beckenbodentraining.

Vaginaldilatatoren sind glatte, konisch geformte Stäbe (meistens in Sets mit mehreren Stäben unterschiedlicher Durchmesser erhältlich). Mit diesen wird die Vagina an das Einführen gewöhnt und desensibilisiert sowie das verspannte Gewebe gelockert.

Auch Beckenbodentraining, bisweilen gemeinsam mit vaginaler Selbstuntersuchung eingesetzt, kann einen wesentlichen Beitrag zur Heilung von Vaginismus leisten. Durch das Training der quergestreiften Beckenbodenmuskulatur kann die Kontrolle über die Muskulatur (zurück)gewonnen werden, da die Betroffenen lernen, sie bewusst anzuspannen oder zu entspannen.

Psychotherapien können unterstützend sinnvoll sein, aber der hauptsächliche Behandlungserfolg wird in den meisten Fällen durch die körperliche Therapie erreicht.

Diagnose im DSM-5

Seit der Vorstellung des DSM-5 im Jahre 2013 werden die Diagnosen des nichtorganischen Vaginismus und Dyspareunie zusammen als Genito-Pelvine Schmerz-Penetrationsstörung geführt. Diese Entscheidung resultierte aus den wissenschaftlichen Befunden, dass sich beide Störungsbilder nicht reliabel differenzieren lassen. Gegenüber der Hervorhebung von vaginalen Muskelspasmen in den DSM-IV-Diagnosekriterien für Vaginismus liegt der Schwerpunkt der Diagnose nun auf Penetrationsproblemen, da ein empirischer Nachweis des Muskelspasmus bei Vaginismus nicht erbracht werden konnte.

Zudem ist die Angst vor Schmerzen bei vaginaler Penetration charakteristisch für Vaginismus, was ebenfalls für eine starke Verwandtschaft der Diagnose mit Dyspareunie spricht. Auch berichten Betroffene häufig von einem beeinträchtigtes Selbstwertgefühl sowie Gefühle der Minderwertigkeit und Wertlosigkeit in Bezug auf Sexualität.

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