Chronisch venöse Insuffizienz

Chronisch-venöse Insuffizienz

Die Chronisch-venöse Insuffizienz (CVI) beruht auf einer Mikrozirkulationsstörung der Gefäße infolge einer venösen Abflussbehinderung. Folge sind teils schwere Venen- und Hautveränderungen.

Risikofaktoren

Das Risiko, an einer chronisch-venösen Insuffizienz zu leiden, steigt mit Alter, Fettleibigkeit, einer Anamnese mit Venenentzündungen, tiefer Venenthrombose und schwerem Beintrauma. CVI kommt bei Frauen doppelt so häufig vor wie bei Männern.

Ätiologie

Grundkrankheiten, die eine chronisch-venöse Insuffizienz verursachen können, sind Krampfadern (Varikosen, sowohl Stammvarikosen als auch Perforansvarikosen), Phlebothrombosen (CVI als postthrombotisches Spätsyndrom), arterio-venöse Fisteln und venöse Angiodysplasien (angeborene Defekte der Venenklappen).

Pathophysiologie

Ausschlaggebend für die Entstehung einer chronisch-venösen Insuffizienz ist das Vorhandensein eines pathologischen Bluthochdrucks der oberflächlichen Venen. Normal ist dieser bei 20 bis 30 mmHg, steigt jedoch durch venöse Thrombose, primär oder sekundär pathologische Venenklappen oder abgeschwächte Muskelpumpe auf 60 bis 90 mmHg an. Dieser Hochdruck verursacht die für die späteren Komplikationen verantwortlichen anatomischen, physiologischen und histologischen Veränderungen der Gefäße.

Die wichtigsten (durch venösen Hochdruck verursachten) Veränderungen betreffen die Venenklappen. Thrombosen verursachen einen venösen Hochdruck und zerstören gleichzeitig die Venenklappen, deshalb persistiert der Hochdruck auch bei z. B. einer Rekanalisation. So entsteht ein für die Medizin so typischer Teufelskreis. Die Gefäßwandveränderungen durch Hochdruck verursachen weitere Klappenschäden und somit hält sich der Hochdruck selbst aufrecht.

Unter physiologischen (normal gesunden) Bedingungen wird das Kapillarbett vor starken Druckveränderungen geschützt, da präkapilläre Arteriolen sich reflektorisch kontrahieren können. Diesen Reflex scheinen Patienten mit chronisch erhöhtem venösen Druck jedoch verloren zu haben, d. h. dass bei Veränderungen der Körperlage Druckveränderungen direkt an das Kapillarbett weitergegeben werden.

Bei dauerhaft erhöhtem venösen Druck entstehen Veränderungen, die die Kapillarwände betreffen. Dazu gehören eine Verbreiterung und Verlängerung des Kapillarbetts, erhöhte Endotheloberfläche, erhöhte Einlagerung von Kollagen IV in die Basalmembran und perikapilläre Einlagerung von Fibrin. Die Zusammenwirkung von erhöhtem venösen Druck und abnormen Kapillaren mit erhöhter Permeabilität führen zu einem Ausschwemmen von Wasser, großen Proteinen und roten Blutzellen in das Interstitium. Gleichzeitig kommt es zu einem verminderten Gasaustausch, also einer kutanen Hypoxie. Dies führt unter anderem zu einer Leukozytenaktivierung. Das Zusammenspiel dieser pathologischen Bedingungen führt zu lokaler Gewebeproliferation, Entzündungsvorgängen und Kapillarthrombosen.

Gradeinteilung

Klinisch wird die chronische-venöse Insuffizienz nach Widmer und der Modifikation nach Marshall und Wüstenberg in drei Grade unterteilt. Diese Einteilung bezieht sich auf die sichtbaren und tastbaren Veränderungen der Haut:

Grad I: Reversible Ödeme, Corona phlebectatica (dunkelblaue Hautvenenveränderungen am medialen und lateralen Fußrand), perimalleoläre Kölbchenvenen

Grad II: persistierende Ödeme unterschiedlicher Genese, Hämosiderose und Purpura jaune d’ocre – ockerfarbene Verfärbungen der Haut infolge der Einlagerung wasser-unlöslicher Eisen-Eiweiß-Verbindungen im Unterschenkelbereich, Dermatosklerosen und Lipodermatosklerose, Atrophie blanche, Stauungsekzem, zyanotische Hautfarbe

Grad IIIa: Abgeheiltes Ulcus cruris (Ulkusnarbe)

Grad IIIb: stark entwickeltes (florides) Ulcus cruris

Diagnostik

Meistens reichen die beschriebenen Hautveränderungen schon zur Diagnose aus. Dennoch ist es in manchen Fällen wichtig, eine weiterreichende Diagnostik durchzuführen, um die Ätiologie und eventuell das weitere Vorgehen zu bestimmen. Aszendierende Pressphlebographie ist hier zwar Goldstandard, allerdings invasiv und teuer. So nutzt man zumeist die Duplexsonographie. Durch die B-Bild Sonographie lassen sich Veränderungen der Venenwand und umgebender Strukturen nachweisen, durch den Doppler veränderte Strömungsverhältnisse. Um auch eine arterielle Gefäßkrankheit ausschließen zu können, sollte man auch den ABI (ankle-brachial Index) bestimmen. Wichtig zur Diagnosestellung ist außerdem, dass man die spezifischen Zeichen einer CVI kennt. Das wären zum einen Coronia phlebectatica ( Blaufärbungen an der Betroffenen Stelle) und Atrophie Blanche (Weissfärbungen an der betroffenen Stelle). Außerdem gibt es eine Pigmentverschiebung, das heißt, die betroffenen Extremitäten weisen Flecken auf, welche Pigmentflecken ähneln.

Therapie

Symptomatische Behandlung:

Hochlagern der Beine für 30 Minuten 4- bis 5-mal pro Tag reduziert bereits deutlich die Ödemneigung und verbessert die Mikrozirkulation. Allein reicht dies natürlich nur in ganz leichten Stadien aus, und für beschäftigte Menschen ist es wahrscheinlich schwierig, mehrmals am Tag die Beine hochzulagern.

Manuelle Lymphdrainage

Kompressionstherapie: Die Kompressionstherapie z. B. mit Kompressionsstrümpfen ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Durch Kompression wird der venöse Querschnitt verringert und der Rückstrom des Blutes gesteigert. Zudem stellt diese Therapieform die Funktionsfähigkeit noch nicht vollständig zerstörter Venenklappen wieder her. Eine Kompressionstherapie soll die kutane Hämodynamik verbessern, die Geschwindigkeit des Blutflusses in den tiefen Venen, den lymphatischen Fluss und den venösen Druck verringern. Sie soll sogar die Fibrinolyse steigern und somit der Gefäßsklerose entgegenwirken. Sie vermindert das Auftreten von Ödemen und Ulzerationen. Bei Patienten mit massiver Adipositas und Ödemen können Kompressionsstrümpfe wirkungslos sein. Hier nutzt man z. B. pneumatische Kompressionspumpen. Kontraindikationen sind eine AVK mit Knöcheldruck <80 mmHg, dekompensierte Herzinsuffizienz und instabile Angina pectoris.

Antiseptika zur Wundheilung

Zur Therapie werden Cumarin (α-Benzopyrone), Flavonoide (γ-Benzopyrone), Rosskastanienextrakte (Saponoside) sowie Acetylsalicylsäure und Pentoxifyllin eingesetzt.

Invasiv

Unter Umständen müssen zugrunde liegende Erkrankungen wie eine Varikosis entsprechend interventionell bzw. operativ behandelt werden.

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