Schwangerschaftsdiabetes

Der Schwangerschaftsdiabetes, auch als Gestationsdiabetes bezeichnet, ist gekennzeichnet durch einen hohen Blutzuckerspiegel während der Schwangerschaft und definiert als eine erstmals in der Schwangerschaft diagnostizierte Glukosetoleranzstörung.

In seltenen Fällen kann es sich um einen neu aufgetretenen Diabetes Typ 1 oder Typ 2 handeln. Beim typischen Gestationsdiabetes tritt nach der Entbindung bei den meisten Frauen wieder ein normaler Zuckerstoffwechsel auf. Der Gestationsdiabetes zählt insgesamt zu den häufigsten schwangerschaftsbegleitenden Erkrankungen. Als Risikofaktoren gelten Übergewicht, ein Alter über 30 Jahre und eine erbliche Vorbelastung mit Diabetes mellitus. Ein Schwangerschaftsdiabetes kann jedoch auch ohne bekannte Risikofaktoren auftreten.

Ursachen

Ursächlich ist die vermehrte Sekretion verschiedener Schwangerschaftshormone, wie etwa Cortisol, das humane Plazentalaktogen, Östrogen, Progesteron und Prolaktin, die als Gegenspieler des Insulins fungieren und ihrerseits zu einer zunehmend höheren Insulinresistenz während der Schwangerschaft führen. Kann die Bauchspeicheldrüse durch eine erhöhte Insulinausschüttung keinen Ausgleich mehr schaffen, entwickelt sich ein Schwangerschaftsdiabetes mit erhöhten Blutzuckerwerten.

Risikofaktoren

Es bestehen verschiedene Risikofaktoren. Einige von ihnen sind z.B. Übergewicht mit einem Body-Mass-Index vor der Schwangerschaft > 27,0, ein Diabetes mellitus Typ 2 in der Familie, ein mütterliches Alter über 30 Jahren, eine Gestationsdiabetes während einer früheren Schwangerschaft oder eine gestörte Glukosetoleranz vor der Schwangerschaft. 

Symptome

Betroffene Frauen bemerken häufig nichts von ihrer Erkrankung, da der Schwangerschaftsdiabetes meist beschwerdefrei bleibt. Es können verschiedene Anzeichen auftreten, wie etwa ein gesteigertes Durstgefühl (eine sog. Polydipsie), Harnwegs- und Nierenentzündungen, Zucker im Urin (eine Glucosurie), Veränderungen der Fruchtwassermenge, Wachstumsstörungen des Föten, die der betreuende Frauenarzt im Ultraschall feststellt, übermäßige Gewichtszunahme und erhöhter Blutdruck (Arterielle Hypertonie). 

Diagnose

Zur Feststellung eines Schwangerschaftsdiabetes wird ein oraler Glukosetoleranztest (oGTT) durchgeführt. Dabei unterscheidet man zwischen einem Suchtest (Screening) (50 g Glucose in 200 ml Wasser), der unabhängig von der Tageszeit und vorheriger Nahrungsaufnahme mit Messung der Blutglukose aus venösem Plasma eine Stunde nach Trinken der Lösung durchgeführt wird, und dem diagnostischen 75g oGTT, der spätestens dann durchgeführt wird, wenn der Blutglucosewert im Suchtest über 135 mg/dl liegt.

Therapie

Bei etwa 9 von 10 Schwangeren führt eine sofortige Ernährungsumstellung (z. B. kleine, dafür häufigere Mahlzeiten, Vollkornprodukte statt Weißmehl, weitgehender Verzicht auf schnell resorbierbare Kohlenhydrate wie beispielsweise Fruchtsäfte, Limonaden) in Verbindung mit regelmäßiger Bewegung zu normalen Blutzuckerwerten. Falls dadurch, auch unterstützt durch Schulung in einem Diabeteszentrum, Blutzuckerselbstkontrollen und Diätplan, keine Besserung erzielt werden kann, muss mit einer Insulintherapie begonnen werden. Eine Insulinpumpentherapie wird nur in extrem seltenen Fällen nötig sein. Orale Diabetes-Medikamente wie Metformin sind kontraindiziert und müssen bei Typ-2-Diabetikerinnen mit Beginn der Schwangerschaft abgesetzt werden.

Kindliche Komplikationen

Durch den Gestationsdiabetes der Mutter erhöhen sich die Frühsterblichkeit des Neugeborenen sowie die Risiken für eine Totgeburt und Fehlbildung. Es besteht eine höhere Morbidität während und nach der Geburt und ein höheres Frühgeburtsrisiko. Außerdem ist die Gefahr der Unterzuckerung des Kindes vorhanden.

Gefahren für den Fötus bestehen einerseits durch die Gefahr einer gestörten Entwicklung der Plazenta. Dies kann zu einer Mangelversorgung des Fötus führen, zu Reifungsstörung der Lunge, Leber, oder anderer Organe, bis hin zum intrauterinen Fruchttod. Neugeborene haben verlängerte Gelbsucht (Ikterus); es drohen Gehirnschädigungen (Kernikterus). Ein Mangel an Kalzium bei Neugeborenen kann ebenfalls darauf zurückgeführt werden. Andererseits beobachtet man vermehrtes Größenwachstum des Fötus oder einzelner Organe (Makrosomie).

Das Kind versucht den erhöhten Blutzuckerspiegel durch vermehrte Insulinsekretion (wodurch das Zellwachstum des Fötus gefördert wird und das Neugeborene dann häufig übermäßig groß und schwer ist) und Hypertrophie der Bauchspeicheldrüse auszugleichen. Nach der Geburt fehlt jedoch plötzlich die mütterliche Zuckerzufuhr und es tritt eine Unterzuckerung ein. Die Unterzuckerung kann zur Folge haben, dass das Neugeborene extrem gereizt wirkt und schreit oder dass es lethargisch wirkt. Es kann in schweren Fällen zu Krampfanfällen oder Atemaussetzern kommen. Das Neugeborene sollte vorbeugend innerhalb von 30 Minuten nach der Geburt gestillt oder gefüttert werden; auch kann ein Dextrosegel in die Wangenschleimhaut des Kindes einmassiert werden.

Aufgrund der frühzeitigen Überbeanspruchung der Bauchspeicheldrüse des Kindes kann bereits im Schulalter eine verminderte Glukosetoleranz und eine Neigung zu Übergewicht entstehen.

Mütterliche Komplikationen

Die Schwangere trägt das Risiko, an Bluthochdruck und Präeklampsie (EPH-Gestose) zu erkranken und ist anfälliger für Harnwegsinfektionen und Scheidenentzündungen. Hinzu kommt, dass an Schwangerschaftsdiabetes erkrankte Frauen unter anderem durch das zu große Kind oder auch durch Komplikationen zum Ende der Schwangerschaft eine erhöhte Kaiserschnittrate aufweisen. Ein weiteres mütterliche Risiko ist die Ausbildung eines Hydramnions. Die Gebärmuttermuskulatur von Schwangeren mit Diabetes jeglicher Form hat Studienergebnissen zufolge eine geringere Kontraktilität als die anderer Schwangerer, auch nach Gabe von Oxytocin zur Wehenstimulation.

Für die Mutter besteht ein ca. 50-%-Risiko, bei einer erneuten Schwangerschaft erneut einen Gestationsdiabetes zu entwickeln. Auch hat sie ein erhöhtes Risiko, im Verlauf der nächsten 10 Jahre an einem Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken. (Wenn sie ihr Kind mindestens drei Monate stillt, verringert sich dieses Risiko.) Zur Nachsorge der Frauen nach der Geburt zählt daher ein Glukosetoleranztest.

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